Ehevertrag: Ja oder Nein? Eine Überlegung für Ihre gemeinsame Zukunft

Liebe Brautpaare, liebe Leserinnen und Leser meines Hochzeitsblogs, jedes Mal, wenn ich eine Trauung begleiten darf, bin ich zutiefst berührt von der Liebe und den Hoffnungen, die in der Luft liegen. Es ist ein magischer Moment, ein Versprechen für die Ewigkeit, ein Neubeginn voller Freude und Zuversicht. Sie planen Ihre Hochzeit, wählen das perfekte Kleid, den schönsten Anzug, die Traumlocation und die passenden Blumen. Alles dreht sich um diesen einen, wundervollen Tag, der der Startpunkt für Ihr gemeinsames Leben sein soll. Und das ist auch gut so, denn diese Vorfreude und das Gefühl der Verbundenheit sind das Fundament Ihrer Ehe.


Doch als Trauredner und Hochzeitsdienstleister, der schon viele Paare auf ihrem Weg begleitet hat, weiß ich auch, dass das Leben manchmal unvorhergesehene Wendungen nimmt. Neben all der Romantik und den Schmetterlingen im Bauch ist es auch wichtig, mit einem klaren Kopf über die langfristigen Aspekte Ihrer Ehe nachzudenken. Eine Ehe ist nicht nur eine emotionale, sondern oft auch eine wirtschaftliche Gemeinschaft. Sie schaffen gemeinsam Werte, bauen sich ein Leben auf, vielleicht gründen Sie ein Unternehmen oder kaufen eine Immobilie. Und genau hier kommt ein Thema ins Spiel, das oft tabuisiert wird, aber von großer Bedeutung sein kann: der Ehevertrag.


Die Realität zeigt uns, dass nicht jede Ehe für immer hält. Statistiken belegen, dass in Deutschland mehr als jede dritte Ehe geschieden wird. Das ist eine nüchterne Zahl, die uns bei aller Romantik auch dazu anhalten sollte, realistisch zu bleiben. Es geht nicht darum, das Schlimmste zu erwarten, sondern darum, für den Fall der Fälle vorbereitet zu sein. Und genau hier kann ein Ehevertrag eine wichtige Rolle spielen.


Warum über den Ehevertrag sprechen? Beim Einstieg über den Ausstieg reden

Ich weiß, der Gedanke an einen Ehevertrag mag im ersten Moment unromantisch wirken, vielleicht sogar beängstigend. Wer will schon über eine mögliche Trennung nachdenken, wenn man gerade dabei ist, den Bund fürs Leben zu schließen? Doch ich sage immer: Es ist wie in jedem guten Geschäft. Wenn Sie eine Firma gründen, regeln Sie von Anfang an, was passiert, wenn die Dinge nicht so laufen wie geplant. Sie machen sich Gedanken über Verträge, über Verantwortlichkeiten, über den Fall der Fälle. Und eine Ehe, meine Lieben, ist in vielen Fällen auch eine Art Arbeitsgemeinschaft, eine gemeinsame Unternehmung, bei der Sie zusammen wirtschaften und Dinge gemeinsam anschaffen. Warum sollten Sie hier nicht genauso vorausschauend handeln?

Ich habe es immer wieder mal in ganz unterschiedlichen Projekten am Ende sehr bereut, nicht gleich am Anfang ein paar Dinge klar und deutlich schriftlich zu fixieren - und das im Vorfeld. So liegt zum Beispiel ein gelungener Dokumentarfilm von mir heute in der Schublade. Das Projekt wurde nach der  Fertigstellung und nach Kinopremiere nie wieder gezeigt, da sich nach dem Abschluss plötzlich unüberbrückbare Differenzen mit dem zweiten Filmemacher einstellten, mit denen niemand und vor allem ich nicht gerechnet hatte. Solche und ähnliche "Katastrophen" lassen sich nur im Vorfeld verhinden - durch klare und schriftliche Vorab-Absprachen. Durch einen klaren Vertrag. Doch meistens ist man am Begin eines Projektes so voller Optimismus und Tatendrank, dass man jede Art von Scheitern ausblendet oder nicht sehen will.


Mein Credo ist daher: Beim Einstieg über den Ausstieg reden. Das klingt hart, aber es ist ein Akt der Fürsorge und der Vernunft. Es geht nicht darum, das Scheitern Ihrer Ehe zu prophezeien, sondern darum, für alle Eventualitäten gewappnet zu sein. Klare Absprachen, am besten schriftlich fixiert, können Ihnen beiden im Ernstfall viel Leid, Zeit und Geld ersparen. Ein Ehevertrag muss auch nicht immer ein komplexes Dokument sein, das nur von Anwälten erstellt werden kann. Manchmal reicht schon eine einfache schriftliche Vereinbarung über bestimmte Punkte. Aber natürlich, für umfassende Regelungen ist der Gang zum Anwalt sinnvoll und ratsam. Es geht darum, Dinge zu regeln, wenn es noch nicht brennt, wenn Sie beide noch voller Liebe und Respekt füreinander sind. Dann können Sie gemeinsam und in Ruhe die besten Lösungen finden, die für beide Seiten fair und gerecht sind. Es ist ein Zeichen von Reife und Verantwortungsbewusstsein, sich diesen Fragen zu stellen und sie gemeinsam zu beantworten.


Argumente für einen Ehevertrag

Ein Ehevertrag ist kein Misstrauensbeweis, sondern ein Instrument, das Ihnen beiden Sicherheit und Klarheit geben kann. Hier sind einige Gründe, warum ein Ehevertrag eine gute Idee sein kann:


Klare Verhältnisse schaffen

Ein Ehevertrag schafft klare Verhältnisse und Transparenz. Er legt fest, wie mit Vermögenswerten umgegangen wird, die Sie in die Ehe einbringen oder während der Ehe erwerben. Das kann besonders wichtig sein, wenn einer von Ihnen bereits vor der Ehe über erhebliches Vermögen verfügt, ein Unternehmen besitzt oder Schulden hat. Durch klare Regelungen vermeiden Sie Missverständnisse und potenzielle Konflikte in der Zukunft. Sie wissen genau, woran Sie sind, und das kann eine Ehe sogar stärken, weil Unsicherheiten beseitigt werden.


Schutz für beide Partner

Entgegen der landläufigen Meinung schützt ein Ehevertrag nicht nur den vermögenderen Partner. Er kann auch den weniger vermögenden Partner absichern, zum Beispiel durch Regelungen zum nachehelichen Unterhalt oder zur Altersvorsorge. Wenn Sie zum Beispiel vereinbaren, dass ein Partner für die Kindererziehung zu Hause bleibt und dafür seine Karriere zurückstellt, kann der Ehevertrag sicherstellen, dass dieser Verzicht im Falle einer Trennung angemessen ausgeglichen wird. Es geht darum, eine faire Basis für beide zu schaffen, die die individuellen Lebensentwürfe und Beiträge zur Ehe berücksichtigt.


Vermeidung von Streitigkeiten

Im Falle einer Trennung oder Scheidung sind emotionale Belastungen oft enorm. Wenn dann noch finanzielle Fragen ungeklärt sind, kann dies zu langwierigen und kostspieligen Auseinandersetzungen führen. Ein Ehevertrag kann hier als eine Art Leitfaden dienen, der bereits im Vorfeld festlegt, wie mit Vermögen, Schulden und Unterhaltsansprüchen umgegangen wird. Das erspart Ihnen beiden nicht nur Nerven und Geld, sondern ermöglicht auch eine friedlichere und respektvollere Abwicklung, falls es wirklich zum Äußersten kommen sollte. Sie haben die Möglichkeit, diese wichtigen Entscheidungen in einer Zeit zu treffen, in der Sie sich lieben und respektieren, anstatt in einer Phase, in der Emotionen hochkochen.


Argumente gegen einen Ehevertrag

Natürlich gibt es auch Argumente, die gegen einen Ehevertrag sprechen, und es ist wichtig, diese ebenfalls zu beleuchten, um ein umfassendes Bild zu erhalten.


Romantik vs. Recht

Für viele Paare ist die Vorstellung, kurz vor der Hochzeit über einen Ehevertrag zu sprechen, ein echter Romantikkiller. Die Liebe soll bedingungslos sein, und ein Vertrag wirkt wie ein Misstrauensvotum oder eine Vorbereitung auf das Scheitern. Man heiratet aus Liebe und Vertrauen, und der Gedanke an juristische Absicherungen kann das Gefühl der Einheit und des Zusammenhalts trüben. Es kann den Eindruck erwecken, dass man nicht voll und ganz an die gemeinsame Zukunft glaubt, sondern bereits einen Notausgang plant. Dieses emotionale Argument ist nicht zu unterschätzen, denn die Ehe ist eben auch ein tief emotionales Bündnis.


Vertrauensfrage

Eng verbunden mit dem Romantik-Argument ist die Vertrauensfrage. Wenn ein Partner einen Ehevertrag vorschlägt, kann dies beim anderen Partner das Gefühl auslösen, dass ihm nicht vertraut wird. Es kann zu Diskussionen und Spannungen führen, die das Fundament der Beziehung belasten, noch bevor die Ehe überhaupt begonnen hat. Das Gefühl, dass der Partner sich absichern will, kann als mangelndes Vertrauen in die Beziehung oder in die eigene Person interpretiert werden. Eine offene und ehrliche Kommunikation ist hier unerlässlich, um solche Missverständnisse auszuräumen.


Komplexität und Kosten

Ein weiterer Punkt sind die Komplexität und die Kosten, die mit einem Ehevertrag verbunden sein können. Je nach Umfang und individuellen Bedürfnissen kann die Erstellung eines Ehevertrags durch einen Notar oder Anwalt zeitaufwendig und teuer sein. Es erfordert oft detaillierte Offenlegungen von Vermögensverhältnissen und kann komplizierte rechtliche Formulierungen beinhalten, die nicht immer leicht zu verstehen sind. Für Paare mit überschaubaren Vermögensverhältnissen oder solchen, die keine besonderen Risiken sehen, kann der Aufwand in keinem Verhältnis zum Nutzen stehen. Manchmal ist der gesetzliche Güterstand der Zugewinngemeinschaft für viele Paare ausreichend und bedarf keiner zusätzlichen Regelungen.


Was kann in einem Ehevertrag stehen? Beispiele aus der Praxis

Wenn Sie sich entscheiden, einen Ehevertrag in Betracht zu ziehen, stellt sich natürlich die Frage: Was genau kann darin geregelt werden? Die Möglichkeiten sind vielfältig und sollten immer auf Ihre individuelle Situation zugeschnitten sein. Hier sind einige Beispiele, was in einem Ehevertrag stehen kann:


Güterstand und Vermögensaufteilung

Der häufigste Grund für einen Ehevertrag ist die Regelung des Güterstands. Standardmäßig leben Ehepaare in Deutschland in der Zugewinngemeinschaft. Das bedeutet, dass das Vermögen, das jeder Partner während der Ehe erwirtschaftet, im Falle einer Scheidung ausgeglichen wird. Ein Ehevertrag kann dies ändern, zum Beispiel durch die Vereinbarung einer Gütertrennung. Bei der Gütertrennung bleibt das Vermögen jedes Partners auch während der Ehe und im Falle einer Scheidung getrennt. Dies kann sinnvoll sein, wenn einer der Partner ein Unternehmen besitzt oder erhebliche Vermögenswerte in die Ehe einbringt und diese schützen möchte. Es können aber auch modifizierte Zugewinngemeinschaften vereinbart werden, die bestimmte Vermögenswerte vom Zugewinn ausnehmen oder den Zugewinnausgleich anders regeln.


Unterhaltsregelungen

Ein weiterer wichtiger Punkt ist der Unterhalt. Das Gesetz sieht vor, dass ein Partner nach der Scheidung unter bestimmten Voraussetzungen Anspruch auf nachehelichen Unterhalt hat. Dies kann zum Beispiel der Fall sein, wenn ein Partner aufgrund der Kinderbetreuung nicht oder nur eingeschränkt erwerbstätig sein kann. Im Ehevertrag können Sie diese Unterhaltsansprüche ausschließen, begrenzen oder erweitern. Dies ist besonders relevant, wenn beide Partner berufstätig sind und finanziell unabhängig bleiben möchten, oder wenn Sie spezifische Vereinbarungen treffen wollen, wie die Kinderbetreuung und die damit verbundenen finanziellen Auswirkungen geregelt werden sollen.


Regelungen für gemeinsame Unternehmen oder Immobilien

Wenn Sie gemeinsam ein Unternehmen führen oder planen, dies zu tun, oder wenn Sie gemeinsam Immobilien erwerben, ist ein Ehevertrag fast unerlässlich. Hier können Sie festlegen, wie mit den Anteilen am Unternehmen oder der Immobilie im Falle einer Trennung umgegangen wird. Wer bekommt was? Wie wird der Wert ermittelt? Wer führt das Unternehmen weiter? Solche Regelungen können verhindern, dass das gemeinsame Geschäft oder die Immobilie im Falle einer Scheidung zum Streitobjekt wird und im schlimmsten Fall die Existenz beider Partner gefährdet. Es ist wie eine Art Gesellschaftsvertrag für Ihre Ehe und Ihr gemeinsames wirtschaftliches Handeln.


Erbrechtliche Aspekte

Auch erbrechtliche Fragen können in einem Ehevertrag behandelt werden, insbesondere in Kombination mit einem Testament oder Erbvertrag. Sie können zum Beispiel festlegen, wie das Erbe im Falle des Todes eines Partners verteilt wird, insbesondere wenn es Kinder aus früheren Beziehungen gibt oder wenn Sie bestimmte Vermögenswerte an bestimmte Personen vererben möchten. Ein Ehevertrag kann hier Klarheit schaffen und sicherstellen, dass Ihr letzter Wille auch wirklich umgesetzt wird.


Fazit: Eine Entscheidung für Ihre Liebe und Ihre Zukunft

Liebe Paare, die Entscheidung für oder gegen einen Ehevertrag ist eine sehr persönliche. Es gibt kein Richtig oder Falsch, sondern nur das, was für Sie beide passt. Mein Anliegen als Trauredner und Hochzeitsdienstleister ist es, Sie dazu anzuregen, über diese wichtigen Fragen nachzudenken und sie gemeinsam zu besprechen. Nehmen Sie sich die Zeit, informieren Sie sich, und treffen Sie eine bewusste Entscheidung, die zu Ihrer individuellen Situation und Ihren Vorstellungen von einer gemeinsamen Zukunft passt.


Ein Ehevertrag ist kein Zeichen von Misstrauen, sondern kann ein Ausdruck von Verantwortung, Klarheit und gegenseitigem Respekt sein. Er kann Ihnen beiden die Sicherheit geben, dass Sie auch in schwierigen Zeiten fair und partnerschaftlich miteinander umgehen. Es geht darum, Ihre Liebe zu schützen, indem Sie auch die praktischen Aspekte Ihres gemeinsamen Lebens regeln. Denn am Ende des Tages wollen wir doch alle, dass Ihre Ehe ein Leben lang hält. Und wenn nicht, dass Sie dann in Würde und Fairness auseinandergehen können. Sprechen Sie darüber, bevor Sie Ja sagen. Es ist eine Investition in Ihre gemeinsame Zukunft, egal wie sie aussieht.

Das bin ich

Ich bin Oliver W. Schulte: Moderator, freier Trauredner, TV-Macher und Videoproduzent aus Bielefeld. Seit vielen Jahren begleite ich Menschen bei besonderen Momenten: Auf der Bühne, vor der Kamera oder mitten im echten Leben. Ob Talkshow, Freie Trauung, Musikvideo oder Moderation bei Fachtagen: Ich liebe es, mit Herz, Humor und einem klaren Gespür für Menschen Geschichten zu erzählen und Atmosphäre zu schaffen. Auf diesem Blog gebe ich Einblicke in meine Projekte, teile Erfahrungen und zeige, was mit Leidenschaft, Kreativität und einem Augenzwinkern alles möglich ist. Ich arbeite übrigens Deutschlandweit. Von Flensburg bis zum Tegernsee.

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