Wer mit Prominenten zu tun hat, steht oft automatisch im Verdacht, selbst irgendwie prominent zu sein. Ich werde regelmäßig gefragt: „Boah, Du hattest doch schon Gerburg Jahnke bei Dir im Bett - wirst Du da nicht auch berühmt?“ Oder: „Wenn man so viele Promis trifft wie Du, kennen einen dann nicht auch automatisch alle?“ Ich lächle dann freundlich, denn ich weiß es besser. Und genau darüber möchte ich heute mit Ihnen sprechen.
Ich bin Moderator. Ich bin TV-Macher. Ich bin Produzent. Und ja, ich hatte viele Prominente „im Bett“ - natürlich rein beruflich. In meinem Talkformat Bielefelder Bettgeschichten interviewe ich Menschen im Bett. Das wirkt intim und ist es manchmal auch. Persönlich sowieso. Dazu kommt Sarggeflüster, mein zweites Talkformat. Auch dort habe ich mit bekannten Persönlichkeiten gesprochen. Ich habe mit ihnen gelacht, diskutiert, geweint, geschwiegen. Und das vor laufender Kamera. Ich liebe diese Arbeit. Aber: Der Ruhm, der dabei entsteht, gehört immer nur einer Person. Und das bin meistens nicht ich.
Was ist eigentlich der Halo-Effekt?
Der Halo-Effekt beschreibt ein psychologisches Phänomen: Eine einzelne positive Eigenschaft einer Person (zum Beispiel Attraktivität oder Bekanntheit) beeinflusst, wie wir die gesamte Person wahrnehmen. Wer strahlt, wirkt automatisch klug, sympathisch, bewundernswert. Was natürlich an sich schon ein trügerisches Phänomen ist. Denn nur weil jemand berühmt ist, oder gut aussieht, ist er oder sie nicht gleich auch freundlich, klug und ein guter Mensch. Aber wir glauben das eben. Gut aussehende Menschen haben es leichter, bekommen die besseren Zensuren in der Schule, haben mehr Freunde, werden angehimmelt. Sind Sie es aber "wert"? Das steht auf einem anderen Blatt. Angehimmelt werden sorgt dafür, dass man sich weniger anstrengen muss als andere. Und was wird man dann eventuell? Klar: faul, arrogant, selbstherrlich. Bei Prominenten ist es genauso. Nicht immer, aber leider eben auch öfter, als Sie vielleicht glauben (mögen).
Aber heute geht es ja um den Halo-Effekt und wie weit der strahlt. "Halo" ist übrigens das englische Wort für Heiligenschein. Und diese Strahlkraft des Heiligenscheins soll also - so geht das Gerücht - eben auch auf andere überspringen. Wenn ich also mit einem berühmten Menschen zu sehen bin, denken viele, ich werde "mitgeleuchtet".
Und? Funktioniert das?
Ich sage es ganz klar: Nein. Tut es nicht.
Ich habe mit Menschen auf Augenhöhe gesessen, die Millionen kennen. Ich habe Gespräche geführt, die inhaltlich auf hohem Niveau waren. Ich habe Fragen gestellt, die klug, respektvoll, witzig oder mutig waren. Habe Menschen glänzen lassen. Noch mehr, als sie es schon von sich aus tun. Und trotzdem erinnerten sich die Leute hinterher meist nur an eins: „Du hattest doch XY im Bett, oder?“. Ich arbeite mit Promis auf Bühnen, in Messehallen und in Podiumsdiskussionen.
Das Gespräch, meine Arbeit, mein Stil: Alles war nur Kulisse für das, was wirklich zählt: Der Promi. Es ist wie auf dem roten Teppich: Der Fotograf fragt nicht, wer die Begleitung ist. Er ruft den Namen des Stars. Die andere Person ist einfach… Deko.
Ruhm durch Nähe? Nur sehr selten
Natürlich bekomme ich Likes, wenn ich ein Foto mit einem Prominenten poste. Und die Videos mit angesagten Promis? Werden sehr viel öfter angeschaut, als die manchmal viel interessanteren Gespräche mit weniger prominenten Menschen. Natürlich erhöht sich kurzfristig die Reichweite, wenn eine bekannte Persönlichkeit ein Interview mit mir teilt. Aber bleibt davon etwas hängen? Wird daraus ein dauerhafter Wiedererkennungswert für mich? Leider nein.
Ich habe Interviews mit Menschen geführt, die gefeiert wurden: Auf Social Media, in den Medien, im Publikum. Ich habe Shows moderiert, bei denen bekannte Gesichter auf der Bühne standen und ich für den roten Faden zuständig war. Aber wenn am Ende der Veranstaltung jemand sagt: „Toller Abend!“, dann meint er oder sie meistens nicht mich. Sondern den Star. Manche Moderatoren können mit dieser Tatsache nicht gut umgehen und spielen sich erst recht an die Rampe, versuchen mit Gewalt zu strahlen. Das funktioniert manchmal sogar. Besser ist es jedoch, die Aufgabe des Moderators zu kennen und eben moderat zu bleiben. Es zu aktzeptieren, dass der Halo-Effekt nicht abfärbt. Nicht mal ein bisschen. So ist das eben.
Warum das so ist
Hier einige ganz ehrliche Erkenntnisse aus meiner Arbeit mit Prominenten:
- Die Aufmerksamkeit gehört immer dem Star. Die Leute wollen hören, was der Promi sagt. Nicht, was ich frage.
- Ich bin das Transportmittel. Ich bringe das Gespräch in Gang, halte es am Laufen, halte es charmant, aber ich bin nicht das, was man hinterher googelt.
- Prominenz ist eine andere Liga. Selbst wenn ich zehnmal mehr vorbereitet bin, wirkt der berühmte Name zehnmal heller.
- Wer zuhört, merkt sich Namen selektiv. Meiner fällt oft hinten runter.
- Der Star-Effekt ist kurzfristig. Ein Interview mit einer bekannten Person bringt kurz Aufmerksamkeit. Aber niemand bleibt wegen mir.Das ändert sich nur langsam, durch ständige Präsenz, durch harte Arbeit, durch wiederholte Formate. Dann kommen auch Menschen und sagen: Hey, der macht gute Sachen, mal sehen, was als nächstes kommt.
Und trotzdem: Man braucht sie. Die Promis.
Denn ja, Prominente ziehen. Immer. Die Menschen interessieren sich für das, was sie schon kennen. Das ist einfach so. Stars bringen Quote. Genauso wie Skandale. Beides in der Kombination: Noch besser. Und beides funktioniert leider meistens besser als Inhalte, als Tiefe. Besser als differenzierte, spannende Geschichten. Das ist nicht immer schön, aber es ist eben die Realität. Und ganz ehrlich: Man braucht sie. Gerade bei Events, Galas, Talkshows, Messen. Sie sind ein Magnet für Aufmerksamkeit. Und Aufmerksamkeit ist - in dieser Branche - Gold wert.
Das wissen übrigens auch die Promis. Elyas M’Barek auf der OMR - Messe oder Convention, ich weiß es nicht genau - erzählte neulich, wie er eine Million Follower bekommen hat. Ist das lehrreich? Bringt uns das weiter? Ganz klar: Nein. Er ist ein Filmstar, bestens am Markt platziert. Menschen interessieren sich für ihn. Da braucht es keine ausgeklügelte Social-Media-Strategie. Dafür gibt es Agenturen, die das Pushen übernehmen.
Kann man als Nachwuchs-Influencer oder Sternchen von morgen daraus etwas lernen? Auch nicht. Aber sein Name, sein Gesicht: Das zieht. Allein seine Anwesenheit sorgt für volle Hallen. Also färbt es doch ab? Nein. Aber es zieht. Und das zählt.
Je berühmter, desto teurer. Und desto wertvoller. Mit Promis verkauft man Eintrittskarten. Und macht Quote. So einfach ist das.
Für mich als TV-Macher und Moderator?
Hilft mir die Prominenz meines Gastes? Ja. Meine Formate bekommen dadurch mehr Aufmerksamkeit. Das freut mich. Das ist gut für die Sendung. Aber werde ich dadurch gesehen? Nein. Ich bin weiterhin der, der vorbereitet, moderiert, führt. Und das ist auch in Ordnung so.
Selfies mit Stars? Kann man machen. Muss man nicht.
Wenn Sie sich mit einem Promi fotografieren lassen: Machen Sie das, wenn Sie eine Geschichte dazu haben. Dann kann es hilfreich sein. Es triggert, vielleicht liest dann jemand den Artikel, die Geschichte. Vielleicht bleibt etwas hängen. Aber darüber hinaus? Sinnlos. Genießen Sie lieber den Moment. Hören Sie zu. Beobachten Sie. Und lassen Sie das Handy ruhig mal in der Tasche. Der "Heiligenschein" wird nicht abfärben. Kein bisschen.
Das Gleiche gilt für Marken und große Brands
Sie hatten einen tollen Auftrag bei Porsche, als Moderator oder Speaker? Großartig. Wenn die Rechnung bezahlt wurde und Sie tolle Menschen um sich herum hatten: Noch besser. Aber hilft es, das Porsche-Logo auf die eigene Homepage zu stellen? Nein. Bestenfalls bringt das eine Abmahnung, weil die Verwendung markenrechtlich nicht erlaubt ist. Ich finde es immer etwas befremdlich, wenn auf Internet-Seiten oder in Angeboten eine Batterie von Firmen-Logos möglichst großen Marken-Namen zu sehen ist, für die man mal gearbeitet hat. Das sagt doch gar nichts aus. Was wirklich hilft: Eine Bewertung vom Auftraggeber. Persönlich, konkret, ehrlich. Eine Beziehung, die sichtbar wird. Alles andere? Blendwerk. Aber der Grund: Der Schein soll auch ein bisschen auf mich abfärben. Bitte. Nein, tut er nicht. Finden Sie sich damit ab. Und in Wirklichkeit brauchen SIe diesen Schein doch auch gar nicht.
Fazit:
Nein, der Halo-Effekt färbt nicht ab. Die Menschen interessieren sich für den Promi, nicht für den, der daneben sitzt. Ich habe das oft genug erlebt. Aber ich habe auch gelernt: Es ist ein Geschenk, diese Nähe zu erleben. Es ist wichitg, es ist spannend, es ist aufregend.
Nur verwechselt man oft Scheinwerferlicht mit Sonnenlicht. Und letzteres scheint für alle gleich. Auch ohne Promi daneben.