Wie ich vom Schulsport-Hasser zum begeisterten Gruppenfitness-Teilnehmer wurde, haben Sie vielleicht schon in meinem vorherigen Artikel gelesen. Heute möchte ich Ihnen gerne erzählen, wie ich vom Teilnehmer selbst zum Trainer wurde.
Vom Mikrofon zum Kursraum: Eine natürliche Entwicklung
Für mich war der Schritt vom Moderator zum Gruppenfitness-Trainer keine Überraschung, sondern eine fast schon logische Entwicklung. Denn das Trainer-Sein hat für mich sehr viel mit dem Moderieren gemeinsam: Es geht darum, Menschen zu begeistern, anzuleiten und zu motivieren. Nur eben nicht mit Worten allein, sondern mit Bewegung, Musik und einer ordentlichen Portion Energie. Das passte damals schon perfekt zusammen. Doch zunächst war ich ja erst mal nur begeisterter Teilnehmer in den unterschiedlichsten Kur-Formaten.
Doch eines Tages kam die Frage einer Trainerin: „Wir haben zu wenig BodyJam Trainer in Bielefeld, will nicht jemand die Ausbildung machen?“. Ich fühlte mich direkt angesprochen. Ein neues Abenteuer begann.
Vom Teilnehmer zum Trainer werden... und dafür gleich mit dem Schlimmsten anfangen
Ich habe mich sofort voller Enthusiasmus ins Abenteuer gestürzt. Nach der notwendigen, zweitägigen Basisausbildung beim DFAV, dem Deutschen Fitness und Aerobic Verband (in der ich wirklich gar nichts Neues gelernt habe), habe ich mich für BodyJam in Köln angemeldet. Drei Tage intensives Training. Von morgens bis abends. Mit lauter fremden Leuten. Alle jünger als ich, alle gute Tänzer. Ich dachte schnell: Das schaffe ich nie.
Man musste nach einem anstrengenden Tag abends noch einen ganzen Musiktrack mit Bewegungen auswendig lernen und am nächsten Tag gleich unterrichten. Eines kann ich Ihnen sagen: Trotz meiner langen Tanzerfahrung und den vielen Jahren als Teilnehmer beim Steppen, beim Aerobic und anderen Formaten: Vorne stehen, Übungen vormachen und gleichzeitig erklären, auf die Musik und den Takt hören, alles im Kopf haben und dann auch noch Rechts-Links umgekehrt vormachen und andersrum ansagen, also aus Teilnehmer-Sicht, ist verdammt schwer. Dazu coole Sprüche raushauen, lachen und unterhalten... Alles gleichzeitig. Als Teilnehmer habe ich vorher manchmal gedacht: Kann doch nicht schwer sein. Doch, leider, es ist schwer!
So saß ich nach einem anstrengenden Ausbildungs- und Sport-Tag abends alleine im Hotel und solte noch die Choreografie lernen. Ich war vollkommen überfordert. Wollte schon aufgeben und einfach nach Hause fahren. Ein Freund, bei dem ich dann zum Glück einen telefonsichen Hilferuf absetzte, meinte: „Geh wieder hin und sag: du packst es nicht und dann schau was passiert.“
Die Ausbilderin morgens zu mir: „Oh, du bist wieder gekommen. Herzlichen Glückwunsch!“ Das hat mich motiviert weiter zu machen. Über die zwei weiteren Tage bin ich immer besser geworden, habe Selbstvertrauen entwickelt und am Sonntag Abend hieß es in der Abschlussrunde: „Du hast in den drei Tagen eine kometenhafte Entwicklung durchgemacht und dich großartig entwickelt. Bestanden!“. Ich war überglücklich. Der Anfang war gemacht.
Ein weiterer Tipp: Manchmal ist der größte Erfolg, einfach nicht aufzugeben. Und wenn Sie kurz davor sind, werfen Sie die Flinte nicht ins Korn, sondern rufen Sie einen Freund an! Eine kleine Ermutigung kann Berge versetzen.
Mein neues Mekka: Auf einem Bein kann man nicht stehen.
Schnell kamen nach BodyJam weitere Les Mills Programme hinzu, wie BodyAttack (Power-Aerobic) und Sh'Bam (Tanz-Workout, einfacher als BodyJam). Für den Kraftbereich habe ich mich für das deutsche System IronSystem entschieden, mit IronWorkout, HotIron 1+2 und IronCross. Das machte in Bielefeld niemand. Zu den Lizenz-Programmen habe ich viele weitere Ausbildungen gemacht, wie deepWork, meine Aquafitness B-Lizenz und AthleticFitness. Ich habe mich intensiv mit High Intensity Langhantel Training (HIT) beschäftigt und mich durch viel Literatur und DVDs in weitere, freie Programme wie BBP (Bauch-Beine-Po), BOP (Body-Outline-Power), Rückenfit etc. eingearbeitet. Durch DVDs und meine langjährige Erfahrung im Bereich Aerobic und vor allem Step-Aerobic konnte ich schnell eigene Choreografien erstellen und habe neue Kreativ-Programme mit Musik entwickeln.
Es hat nicht lange gedauert und ich war plötzlich in Bielefeld und Umgebung ein gefragter Kurs-Leiter.Meine Vielseitigkeit verhalf mir zu einem vollen Kalender. Ich hatte viel Spaß, habe jede Woche hunderte von Menschen angeleitet und zum Schwitzen gebracht.
Aber ich verrate Ihnen eines: Meine Begeisterung hat mich zu oft die Schattenseiten des Fitness-Trainer-Daseins vergessen oder übersehen lassen. Denn bei allem Spaß gab es auch immer wieder mal Frust und der meiste Ärger davon wäre gar nicht nötig gewesen.
Aber in einem freien Markt gibt es eben auch viel Konkurrenz. Viel Ellbogen-Gerangel. Dazu kommen schlechte Studio-Leitungen, Kämpfe zwischen Teilnehmern und eben auch die Tatsache, dass man meistens mehr Energie abgibt, als nur vorzuturnen. Zu spät habe ich erkennen müssen, dass ich meine Grenzen zu lange überschritten habe. Denn dann kam...
Der Wendepunkt: Ein Warnsignal und neue Prioritäten
Nach insgesamt ca. vier Jahren intensiver Trainertätigkeit hatte ich von heute auf morgen einen Hörsturz. Einfach so. Danach für vier Monate einen extremen Tinnitus. Für mich war das ein großes Warnsignal. Jetzt war Handeln angesagt.
Ich habe mich als Erstes von allen Les Mills Programmen getrennt und nach und nach von allen Studios, die mir nicht gutgetan haben, in denen es zu viele Ellbogen gab, schlechte Leiter oder einfach zu wenig Wertschätzung. Übrig geblieben sind dann nach und nach nur ein paar kleinere, inhabergeführte und familiäre Anbieter und der Sportverein. Diese Reduzierung war schmerzhaft, aber notwendig. Sie hat mir gezeigt, dass meine Gesundheit und mein Wohlbefinden an erster Stelle stehen müssen. Und dass es wichtig ist, sich auf das zu konzentrieren, was wirklich zählt und guttut. Manchmal ist ein Rückschritt der größte Fortschritt, den man machen kann. Und das gilt nicht nur für die Sportkarriere, sondern für das ganze Leben. Finden Sie Ihre Balance, hören Sie auf Ihren Körper und umgeben Sie sich mit Menschen und Orten, die Sie stärken und nicht schwächen. Das ist das wahre Geheimnis des Erfolgs – in jeder Lebenslage.
Aber auch diesmal möchte ich Ihnen gerne ein paar Tipps mitgeben. Dinge, die ich gelernt habe und gerne weitergebe.
Was ich gelernt habe: Ein Blick hinter die Kulissen des Trainerlebens und wertvolle Tipps für angehende Trainer
Wenn Sie selbst mit dem Gedanken spielen, Trainer zu werden, oder einfach nur neugierig sind, was hinter den Kulissen so abgeht, dann habe ich hier ein paar ungeschminkte Wahrheiten und wertvolle Tipps für Sie. Denn Wissen ist Macht, und geteiltes Wissen ist doppelte Macht!
Für angehende Trainer: Die harte Realität und wie man sie meistert
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Fertige Programme: Segen und Fluch zugleich: Programme wie die ganzen Body* Programme von LesMills oder auch das ganze IronSystem erleichtern den Einstieg ungemein. Sie haben hohe Teilnehmerzahlen und eine breite Fanbase. Auch ich habe viel gelernt.
Aber Vorsicht: Als LesMills-Trainer sind Sie sind nur ein kleines Endglied in einem großen Apparat, haben kaum Freiheiten und sind vor allem eines: vergleichbar. Sie dürfen nichts selbst entscheiden, müssen die Programme kaufen und auswendig lernen, Lizenzen erneuern, auf Conventions fahren und mehr. Wenn Ihnen Inhalte oder Übungen nicht zusagen oder Sie diese aus gesundheitlichen Gründen nicht machen können haben Sie verloren. Sie MÜSSEN. Bei mir war mit BodyAttack Schluss, als eine Choreo im letzten Energie-Track ganze 64 Tuck-Jumps, das sind Hock-Sprünge, enthielt. Ich fand das für den Freizeit-Bereich einfach zuviel. Meine Gelenke haben gelitten, es tat alles weh. Wie sollte es da den Teilnehmern gehen? Sie haben da keine Wahl. Sie müssen das so unterrichten. Ich dachte: STOP! Ich bin raus. Ich stehe da nicht mehr hinter. Denn sagen: "Äh, können sie das mal bitte ändern" können Sie eben nicht. Ich habe BodyAttack geliebt. Aber an dem Punkt war für mich der Bruch so deutlich, da ging es nicht weiter.
Ich habe mich daher nach ein paar Jahren von diesen Fertig-Programmen konsequent getrennt. Ich brauche Freiraum für meine Kreativität. Durch die vielen Erfahrungen und meine Musikalität konnte ich mir selbst etwas ausdenken. Ich bin kreativ - war ich auch vorher schon.
Mit meiner Musik, meinen Choreografien, meinen Ideen, ganz im Stile der Dinge, die ich in anderen Ausbildungen wie zum Beispiel HIT von Fitzroy Gaynes gelernt habe. Und das kommt an. Und das passt zu mir. Finden Sie Ihren eigenen Stil, Ihre eigene Stimme. Das macht Sie einzigartig und unersetzlich. Seien Sie mutig und kreieren Sie Ihre eigene Marke. Das ist der wahre Game Changer! - Die Bezahlung: Ein leidiges Thema, das man kennen sollte: Fitnesstrainer sind schlecht bezahlt. Seien Sie ehrlich zu sich: Sie können das nur als nebenberufliche Tätigkeit machen. Davon zu leben, als freier Trainer, ist fast unmöglich. Und obwohl alles teurer geworden ist: Die Stundensätze auf Rechnung sind in den letzten 15 Jahren kaum angepasst worden. Jeder Trainer kämpft für sich, es gibt keine Gemeinschaft oder gar eine Interessensvertretung, die in dem Bereich aktiv ist. So können Studios die Preise drücken. Und: Viele arbeiten aus Begeisterung als Trainer und machen sich damit erpressbar. Ich LIEBE das, egal was die mir zahlen. Auch das macht es schwer, eine angemessene Bezahlung durchzusetzen. Eine bittere Pille, aber eine wichtige Erkenntnis: Leidenschaft allein füllt nicht den Kühlschrank. Kalkulieren Sie realistisch und lassen Sie sich nicht ausnutzen!
Die drei Konflikt-Areale: Seien Sie gewappnet für das Unerwartete!
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Die Teilnehmer: Manchmal eine Herausforderung, immer eine Chance: Bei Vertretungen sind manche Teilnehmer unzufrieden. Sie wollen immer die alte Trainerin und können sich nicht auf Neues einstellen. "Bei der Jutta haben wir aber immer..." Manche kann man für sich gewinnen, manche gehen auch einfach, andere versuchen wiederum, andere Teilnehmer mit reinzuziehen. Wenn das Studio oder die Leitung nicht hinter ihren Trainern steht, führt das zu absurden Situationen. Ich wurde zum Beispiel mal als Trainer nicht mehr für ein Kursformat als Vertretung gebucht, weil zwei junge Frauen sich demotiviert fühlten, als ich sagte: „Bitte hört immer auf euren Körper. Wenn etwas wehtut oder sich nicht gut anfühlt, oder ihr einen schlechten Tag habt: macht die Optionen.“ Sie fühlten sich demotiviert, wollten volle Leistung, egal welche Teilnehmer sonst noch da sind. Die Bereichs-Leiter wollte sich wichtigmachen und die beiden Frauen beeindrucken. Und ich war den Kurs los. Einfach so. Das war sehr schmerzhaft und unfair.
- Die Studios oder die Fitness-Leitung: Suchen Sie sich Ihre Partner weise aus! Auch hier habe ich sie erlebt: Die wertschätzenden und die weniger wertschätzenden Welten. Leiter, die zu den Teilnehmern halten, um sich wichtig zu machen, die Trainer gegeneinander ausspielen, nicht gut führen, Dinge verlangen, die nicht bezahlt werden. Diejenigen, die Qualitäten und besonderen Fähigkeiten der Trainer nicht zu schätzen wissen, sondern alles miteinander vergleichen. Auch das kann einem das Leben vermiesen. Suchen Sie sich Studios, die Ihre Arbeit wertschätzen und hinter Ihnen stehen. Das ist Gold wert! Eine gute Zusammenarbeit ist wie ein gut choreografierter Tanz: Jeder kennt seine Rolle, vertraut dem anderen und das Ergebnis ist harmonisch und erfolgreich. Es gibt nur Win-Win - alles andere ist sinnlos.
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Kollegen: Konkurrenz belebt das Geschäft und vergiftet es! Hier muss ich sagen: Die meisten sind einfach Konkurrenten und verhalten sich auch so. Tratschen, lästern und unkollegiales Verhalten sind für sie ganz normal. Das hat oft genervt. Mein Tipp: Halten Sie sich aus allem raus. Hingehen, machen, weggehen: Das ist die beste Lösung. Halten Sie sich aus dem ganzen Tratsch und Gehetze raus. Das funktioniert am besten. Konzentrieren Sie sich auf Ihre Kurse und Ihre Teilnehmer, das ist Ihre Energie wert. Ihr Erfolg spricht für sich, da brauchen Sie keine schmutzigen Spielchen.
Weitere Tipps für Trainer: Werden Sie zum Meister Ihres Fachs!
Musikgefühl ist alles: Lernen Sie, mit Musik umzugehen. Lernen Sie, Übungen, Abfolgen, Choreografien selbst zu erstellen. Es gibt viele Trainer, die, wenn sie mal eine Vertretungsstunde im Freestyle-Bereich machen, erkennen lassen, dass sie kein Gefühl für Musik haben. In vorchoreografierten Programmen machen sie einfach alles so, wie vorgegeben, da merkt man nichts. Das hat mich immer wieder überraschend. Musik ist der Herzschlag Ihres Kurses, lassen Sie ihn pulsieren! Werden Sie zum DJ Ihrer eigenen Fitness-Party!
Fazit: Meine Trainerkarriere: Vom Tausendsassa zum Spezialisten
Was ich in erster Linie gelernt habe: Das richtige Maß ist entscheidend. Am Anfang habe ich zuviel gemacht, zu wenig auf die negativen Schattenseiten geschaut, bis mein Körper den Stecker gezogen hat. Heute weiß ich sehr viel besser, was mir gut tut. Ich bleibe mir selbst treu. Und wenn mir ein Kollege, eine Studio-Leitung oder ein Teilnehmer blöd kommt gebe ich freundlich, aber deutlich Kontra. Ich weiß, was ich kann. Und ich bin mit Spaß bei der Sache. Punkt. Nach dem ich die meisten Studios verlassen hatte, hatte ich damals wieder Zeit für mich und neue Projekte. Bin in Chöre gegangen und habe wieder mit dem Tanzen angefangen. Und so hatte ich Zeit für die Gründung von Ollymotions und bin als Moderator und Trauredner und Videoproduzent unterwegs. Heute gebe ich immer noch Kurse. Mit großer Leidenschaft. Für meine eigene Fitness, zur Unterhaltung der Teilnehmer und als Facette meines bunten und abwechslungsreichen Lebens. Und wissen Sie was: So ist es für mich am Besten. Ich liebe es!